Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.10.2017 zum Az. 6 AZR 511/16 entschieden, dass Insolvenzverwalter die Zahlung auf eine Ausbildungsvergütung unter bestimmten Voraussetzungen anfechten kann. Ist rückständige Ausbildungsvergütung dem Auszubildenden unter den Druck von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gezahlt worden, so kann der Insolvenzverwalter diese Zahlung anfechten mit dem Ergebnis, dass er die Zahlung zurückfordern kann. Dies, wenn die Zahlung nach dem Insolvenzantrag vorgenommen wurde, welcher zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat. Das Gericht entschied dabei, dass es bei Druckzahlung nicht erforderlich ist, eine verfassungsrechtlich legitimierte Anfechtungssperre zur Absicherung des Existenzminimums zu erwägen. Im betreffenden Fall wurde der Auszubildende in der Zeit von 2008-2012 bei der Schuldnerin zum Metallbauer ausgebildet. Zuletzt stand ihm eine monatliche Ausbildungsvergütung i.H.v. 495,20 € brutto zu. Nach Abschluss seiner Ausbildung wurde ein Rechtsstreit eingeleitet. In diesem Rechtsstreit schloss der Kläger im Oktober 2012 vor dem Arbeitsgericht mit dem Arbeitgeber einen Vergleich, in welchem sich der Arbeitgeber verpflichtete, rückständige Ausbildungsvergütung von 2800 € netto zu zahlen. Die Zahlung erfolgte jedoch erst im Dezember 2012 und im Januar 2013 unter den Druck von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, welche der Kläger eingeleitet hat.
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers wurde am 15.9.2014 eröffnet. Der Eröffnungsbeschluss nennt als Grundlage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens neben 2 Anträgen aus dem Jahre 2014 ausdrücklich auch einen bereits am 7.10.2010 gestellten Insolvenzantrag. Dieser Insolvenzantrag war mehr als 2 Jahre vor der Zahlung der rückständigen Ausbildungsvergütung gestellt wurden. Der bestellte Insolvenzverwalter verlangte vom Kläger mit seiner Widerklage die Rückzahlung der von ihm erstrittenen Ausbildungsvergütung. Der Kläger machte dabei gelten, dass nicht nachvollziehbar sei, warum das Verfahren auch auf den Antrag aus dem Jahre 2010 hin eröffnet worden ist. Er führte auch aus, dass durch die Anfechtung ihm keine Ausbildungsvergütung entzogen werden könne, die zur Absicherung seines Existenzminimums gedient habe. Das Arbeitsgericht wies die Widerklage ab. Das Landesarbeitsgericht gab der Widerklage statt. Dagegen wendet sich der Kläger mit einer Revision an das Bundesarbeitsgericht. Diese hatte jedoch keinen Erfolg. Zahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer und auch an Auszubildende, die nicht in der geschuldeten Art erfolgen, können vom späteren Insolvenzverwalter gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ohne weitere Voraussetzungen zur Masse zurückgefordert werden. Dabei handelt es sich um eine Insolvenzanfechtung. Dies kann dann erfolgen, wenn die Zahlung nach dem Insolvenzantrag vorgenommen worden ist, welcher zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat. Im vorliegenden Fall hatte sich die Kläger erst im Nachgang mit dem Arbeitgeber über die Zahlung weiterer Ausbildungsvergütung vor dem Arbeitsgericht geeinigt. Anders ist der Fall zu betrachten, wenn es sich um die laufend zu zahlende Ausbildungsvergütung gehandelt hätte. Dann würde es sich um eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer handeln, die in der geschuldeten Art und Weise erfolgt. So jedoch sind Zahlungen, welche der Arbeitgeber vornimmt, um eine unmittelbar bevorstehende Zwangsvollstreckung abzuwenden, also so genannte Druckzahlungen, nacht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in der geschuldeten Weise erbracht und können damit angefochten werden. Diese Einordnung, so das Bundesarbeitsgericht, hat der Gesetzgeber wiederholt unbeanstandet gelassen. Daher schließt sich das Bundesarbeitsgericht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an.
Ferner hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass die Arbeitsgerichte als so genannte Prozessgerichte im Anfechtungsstreit daran gebunden sind, dass das Amtsgericht als Insolvenzgericht im rechtskräftig gewordenen Eröffnungsbeschluss auch den Insolvenzantrag des Jahres 2010 als Eröffnungsgrundlage bestimmt hat. Da der Arbeitnehmer die in solchen Fällen zur Absicherung des Existenzminimums vorgesehenen und geeigneten staatlichen Hilfen, zum Beispiel Grundsicherung oder Insolvenzgeld, in Anspruch nehmen kann, besteht nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes kein Anlass, eine verfassungsrechtlich legitimierte Anfechtungssperre bei solchen Druckzahlungen zu erwägen. An dieser Rechtsprechung hält der Senat des Bundesarbeitsgerichtes auch für den Fall der Rückforderung einer Ausbildungsvergütung im Wege einer Insolvenzanfechtung fest.